500 Jahre Täuferbewegung



500 Jahre Täuferbewegung 1525-2025

2025 jährt sich die erste täuferische Glaubenstaufe von 1525 in Zürich zum 500. Mal. Aus diesem Anlass bereitet eine Arbeitsgruppe fünf Themenjahre vor. Der Beginn ist
2020 mit dem Thema „gewagt! mündig leben“.

Die Themenjahre sollen anregen, darüber nachzudenken, was Christsein unter täuferischen Vorzeichen im 21. Jahrhundert bedeutet. Die Täufer waren im 16. Jahrhundert Teil des reformatorischen Aufbruchs. Sie zeichneten sich durch eine große Vielfalt aus, die bis heute die täuferischen Gemeinden und Kirchen prägt. Die Erinnerung an 500 Jahre Täuferbewegung soll dazu herausfordern, sich mit den eigenen Traditionen auseinanderzusetzen, den Glauben Anderer wahrzunehmen und sich selbstbewusst und dialogfähig in die ökumenische Diskussion einzubringen.

Zu jedem Themenjahr wird ein Magazin veröffentlicht, das in Gesprächs- und Hauskreisen, Gemeinden, ökumenischen Gremien sowie in Bildungseinrichtungen zu Diskussionen über das jeweilige Jahresthema anregen soll. Ausstellungen, Materialien für Schule und Bildungsinstitutionen sowie Tagungen werden die Auseinandersetzung mit den zurückliegenden 500 Jahren täuferischer Geschichte illustrieren und vertiefen. Der Auftakt für „500 Jahre Täuferbewegung“ ist Himmelfahrt 2020.

Träger der geplanten Aktionen ist der Verein „500 Jahre Täuferbewegung 2025“ mit Sitz in Frankfurt/Main. Vorsitzende ist PD Dr. Astrid von Schlachta, Dr. Andreas Liese ihr Stellvertreter.

Wir sind als „Verein für Täufergeschichte in Österreich“ in diesem Gremium vertreten.

Die Themenjahre:

2020: gewagt! mündig leben
Taufe – Freiwilligkeit – Religionsfreiheit

2021: gewagt! gemeinsam leben
Gleichheit – Verantwortung – Autonomie

2022: gewagt! konsequent leben
orientiert an Jesus – nonkonform – bekennen – Martyrium

2023: gewagt! gewaltlos leben
Friedenskirche – Widerstand – Versöhnung

2024: gewagt! Hoffnung leben
Reich Gottes – Utopie – Erneuerung

Mehr Informationen finden Sie in dieser Broschüre im Download.


500 Jahre Täuferbewegung

– sie begann um 1521

Historiker versuchen anzugeben, wann bestimmte Bewegungen begannen. Für die Reformation Martin Luthers wird das Jahr 1517 genannt. Was geschah damals? Luther formulierte in lateinischer Sprache Zweifel am kirchlichen Umgang mit dem Ablass und wandte sich damit an Bischöfe und Theologen. In weiterer Folge kam es zu heftiger werdenden Auseinandersetzungen zwischen ihm und Vertretern der „römischen Kirche“. Aber praktisch umgesetzt hatte Luther 1517 noch keine seiner nach und nach entwickelten reformatorischen Ansichten – zu solcher praktischer Umsetzung kam es erst einige Jahre danach, z.B. könnte man seine Veröffentlichung des deutschen NTs im Jahr 1522 als eine praktische Umsetzung eines seiner reformatorischen Anliegen betrachten.

Und wie datieren wir den Beginn der Täuferbewegung? Für Ende 1521 ist belegt, dass „Zwickauer Propheten“ (u.a. Nikolaus Storch) mündlich Kritik an der Säuglings- taufe verbreiteten. Anstoß für diese kritische Beurteilung könnten Luthers Schriften gewesen sein: Luther sah in seinem „Sermon von dem … Sakrament der Taufe“ (1519) diese als wechselseitiges Bündnis zwischen Gott und dem Menschen. Und in seiner (lateinisch abgefassten) Schrift „über die babylonische Gefangenschaft der Kirche“ (1520) führte er die Wirkung eines Sakraments auf den Glauben des Empfängers zurück. Das konnte Leser zu der Meinung führen, dass nur gläubige Menschen getauft werden sollten.

Die Ablehnung der Kindertaufe bei den Zwickauern ging vielleicht auf Thomas Müntzer zurück, der in Zwickau (in Sachsen) 1520/21 Pfarrer war. Jedenfalls 1524 ist deutlich, dass Müntzer einen Tauf-Aufschub befürwortete (erläutert in seinem Buch „Protestation“): Er hielt Kinder ab einem Alter von ca. 6 Jahren für entscheidungs- und erinnerungsfähig. Die Täufergruppe in Zürich (Grebel, Mantz, Blaurock) hatte dieses Buch gelesen und taufte 1525 erstmals „wieder“, d.h. Menschen, die bereits als Kinder getauft waren. Die Bezeichnung „Wiedertaufe“ wurde von den Gegnern verwendet und entspricht nicht dem eigenen Verständnis dieser Täufergruppe. Aber von der „ersten Glaubenstaufe“ zu sprechen, wäre nicht korrekt, denn auch die katholische Kirche taufte in Missionsgebieten stets (auch) Menschen, die bereits gläubig waren.

Ein anderer Unterstützer der Reformation war Andreas Bodenstein, genannt Karlstadt. Als Pfarrer in Orlamünde (in Thüringen) 1523/24 befürwortete er so wie Müntzer einen Tauf-Aufschub und verzichtete darauf, Säuglinge zu taufen. 1524 erschien sein Buch „Dialogus vom Tauff der Kinder“. Karlstadt stand in Kontakt mit den Zwickauern und mit Müntzer. Manche Historiker sprechen hier von den „Proto-Täufern“, die sie von den eigentlichen „Täufern“ wie in Zürich unterscheiden, die übrigens mit den Schriften Karlstadts vertraut waren. Analog zum Datieren des Beginns der Reformation könnten wir den Beginn der Täuferbewegung auf 1521 datieren, als erstmals Kritik an der Kindertaufe quellenmäßig fassbar wird. Zu solcher Kritik kam es an verschiedenen Orten. Eine vorsichtige Umsetzung eines neuen Taufverständnisses bestand im Tauf-Aufschub, und eine radikale Umsetzung darin, dass auch solche, die bereits eine Säuglingstaufe empfangen hatten, nochmals/“wieder“ getauft wurden (im Verständnis der Täufer erstmals getauft, da diese Täufer die Säuglingstaufe als bedeutungslos einstuften). Auf lange Sicht würden beide Umsetzungswege zu einer Abkehr von der Säuglingstaufe führen, und die „Glaubenstaufe“ bleibt als einzige Taufe übrig.

Den Stand der Forschung stellen neue Bücher zweier Fachleute dar: Thomas Kaufmann („Die Täufer“, 2019, siehe Rezension im Allianzspiegel Nr. 133/Dez.2020), und Astrid von Schlachta („Täufer“, 2020, siehe Rezension in dieser Ausgabe auf S. 26).

// Dr. Franz Graf-Stuhlhofer


Ein visuelles und informatives Erlebnis

Die Ausstellung „Brennen für das LEBEN – Täufergeschiche in Österreich“

Schon beim Betreten der Ausstellung ziehen die 2,5 x 2,5 m großen Themenwände (insgesamt ca. 100 m2 Bildfläche) die Aufmerksamkeit auf sich. Kunstvoll mittelalterlich gestaltet, mit informativen Texten und Bildern, führen sie den Betrachter in eine weitgehend unbekannte Epoche deutsch-österreichischer Geschichte.

Sa. 27. März – So. 20. Juni 2021

Schlossmuseum Freistadt 4240 FREISTADT • Schlosshof 2

Eine Einführung in die gesellschaftlichen und religiösen Verhält- nisse der Frühen Neuzeit und den Auslöser der Reformation bietet eine Infotafel im Eingangsbereich bzw. ein kurzweiliger 4-minüti- ger Videoclip, der auf einem Touchscreen angesehen werden kann. Danach vermittelt die erste Themenwand Luthers Ringen um einen gnädigen Gott, sein Bekehrungserlebnis beim Lesen des Rö- merbriefs und die Erkenntnis, dass nur die Bibel – Sola Scriptura! – die zuverlässige Quelle für den Glauben ist. Dem folgt die Dar- stellung der Kernthemen der Reformation – am konsequentesten umgesetzt von den Täufern – wie die Errettung allein durch Glau- ben und die daraus resultierende Forderung nach Glaubens- und Gewissensfreiheit. Man erfährt, dass diese erstmals um 1640 in Rhode Island (USA) in die Verfassung kam. Weiters wird das ur- christliche Bild von ‚Gemeinde‘ als geschwisterlicherVersammlung Gläubiger vermittelt, die Glaubenstaufe und regional interessante täufergeschichtliche Ereignisse.

Die Zweiteilung der Themenwände ermöglicht eine Gegenüberstellung von damals und heute, von täuferischer Erkenntnis und heutiger freikirchlicher Praxis.
Zahlreiche Exponate, wie z.B. Habaner Keramik, zeugen von der Handwerkskunst der Täufer, nachgebildete Folterwerkzeuge, Fußfesseln, ein Schmuggelkorb und ein Originalmandat von Kaiser Ferdinand von 1562 von ihrer gnadenlosen Verfolgung durch die Habsburger und damalige katholische Kirche. Eine nachgebaute Druckerpresse von Johann Gutenberg (aus 1455) gibt den Besuchern die Gelegenheit, sich selbst als Drucker zu versuchen. Schließlich bietet ein Büchertisch reichlich Informationsmaterial zur Geschichte der Täufer und ihrem Einfluss auf die Weiterentwicklung der westlichen Gesellschaft bis heute.

Damit schließt diese Ausstellung eine klaffende Lücke europäi- scher und vor allem österreichischer Geschichte und trägt zum besseren Verständnis der heutigen religiösen Landschaft und des täuferischen Beitrags bei.

// Christine Koppi
Gemeinden können Führungen unter info@taeufergeschichte.at anmelden